Hereditäres nicht-polypöses Kolonkarzinom (HNPCC)

Hintergrund

Dickdarmkrebs (Kolonkarzinom) zählt zu den häufigsten bösartigen Tumorerkrankungen in Westeuropa. Bei etwa 5-10% der Erkrankten findet man eine der heute bekannten erblichen Formen von Dickdarmkrebs. Rund 3% aller kolorektalen Karzinome werden durch eine erbliche Erkrankung mit dem Namen „hereditäres, nicht-polypöses Kolonkarzinom“ (HNPCC, Lynch-Syndrom) verursacht. HNPCC stellt damit die häufigste Form der erblichen Dickdarmkrebs-Erkrankungen dar. Der Ausdruck „nicht-polypös“ grenzt das Krankheitsbild von den anderen Formen des familiären Darmkrebses mit einer Vielzahl von Polypen ab. Verursacht wird die Erkrankung durch Mutationen in den sogenannten Mismatch-Reparatur-Genen, welche für Proteine kodieren, die an der DNA-Reparatur während der Replikation beteiligt sind. Diese Gene sind MLH1, MSH2, MSH6, PMS2 und EPCAM. Meist kommt es beim HNPCC entweder gleichzeitig oder zeitlich versetzt zu mehreren bösartigen Tumoren. In mehr als zwei Drittel der Fälle finden sich diese im proximalen Kolon. Neben Darmtumoren können bei Mutationen in den Mismatch-Reparatur-Genen auch Tumore in Gebärmutter, Magen, Dünndarm, Eierstöcken, Harnwegen, Dünndarm, Haut, Gallengang, Bauchspeicheldrüse und Gehirn auftreten.

Genetik

Keimbahnmutationen in den Genen MLH1, MSH2, MSH6, PMS2 und EPCAM führen zu einem stark erhöhten Risiko für HNPCC. Etwa jede 500. Person der Allgemeinbevölkerung ist Anlageträger einer HNPCC-Mutation. Bei Vorliegen einer Anlageträgerschaft beträgt die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens einen bösartigen Tumor zu entwickeln, 80-90%. Das erhöhte Risiko besteht auch nach einer Erkrankung weiterhin fort. Um dem hohen Erkrankungsrisiko zu begegnen, gibt es besondere Früherkennungsprogramme.

Die Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt. Das bedeutet, alle Verwandten ersten Grades eines Anlageträgers sind mit 50%-iger Wahrscheinlichkeit selbst Träger. Beim autosomal-dominanten Erbgang spielt das Geschlecht bei der Vererbung keine Rolle, das heißt, sowohl Männer als auch Frauen können die Erbanlage geerbt haben bzw. weitervererben.

Indikation

Eine Hilfestellung bei Entscheidung, ob eine molekularbiologische Abklärung der Erkrankung erfolgen soll, liefern die Amsterdam II- bzw. die revidierten Bethesda-Kriterien.

Mit Hilfe der molekularbiologischen Untersuchung können in einer betroffenen Familie die Träger des genetischen Defektes erkannt werden. Vom Verbundprojekt „Familiärer Dickdarmkrebs“ wird den Trägern ein lebenslanges Früherkennungsprogramm empfohlen.

Analytik

Mittels der Next Generation Sequencing (NGS)-gestützten Panel-Diagnostik werden bei Erfüllen der Indikationskriterien die Gene EPCAM, MLH1, MSH2, MSH6 und PMS2 analysiert. Darüber hinaus werden große Deletionen und Duplikationen in diesen Genen mittels CNV-Analyse und MLPA untersucht.

Ansprechpartner

Dr. rer. nat.
Dominik Otto

Telefon

(06172) 9594-562